Schicksal. Schicksal?
Ich will euch von einer Freundin von mir erzählen...
Sie hat eine Gaumenspalte, wurde in der Kindheit misshandelt und leidet - was Wunder - an einer Borderlinestörung und Depressionen.
Vor Jahren hatte sie mal eine Harnleiterentzündung und deshalb vorübergehend eine Harnleiterschiene bekommen. Seitdem klagte sie immer mal wieder über Bauchschmerzen.
Im letzten Sommer begann meine Freundin, nennen wir sie Y., eine stationäre Therapie, um wieder besser mit ihrem Leben umgehen zu können. Das klappte anfangs auch ganz gut, bis sie Magen-Darm-Probleme bekam. Und dann Bauchschmerzen. Beides hörte nicht mehr auf, die Bauchschmerzen waren (am Telefon hörbar) äußerst stark und Y. klagte über Verstopfung und Durchfälle. Mir geht bis heute nicht in den Kopf, wie man beides gleichzeitig haben kann.
In der Klinik schickte man sie zum Ultraschall und schob ansonsten zumindest die Schmerzen auf die Psyche. Y. hätte Angst vor dem anstehenden Entlassungstermin. Ich weiß ganz sicher, dass sie sich sehr darauf gefreut hat. Nix Angst, so ein Quatsch!
Ich war schon drauf und dran zu platzen wegen unterlassener Hilfeleistung! Leider wollte Y. keinen Ärger und so blieb mir und meinem LG nur, sie Mitte/Ende Oktober aus der Klinik abzuholen.
Wir sahen ein Wrack, etliche Kilos sichtbar abgenommen und nicht in der Lage, ihre Sachen einzupacken... Alle 2-3 Minuten Schmerzanfälle.
Wir brachten sie direkt zum Arzt, der ihr erstmal ein Opioid aufschrieb und zum Internisten schickte. Dort waren wir auch gleich, der Internist wollte Y. umgehend ins Krankenhaus überweisen. Y. wollte nicht und kam dann erst 2 Tage später ins Krankenhaus.
Im Krankenhaus lag sie dann 1 Woche lang rum, ohne dass sich ihr Zustand verbessert hätte. Im Gegenteil. Nach einer Narkose wegen einer Magen-/Darmspiegelung ging es abwärts, so schnell konnte man gar nicht gucken. Freitag war die Spiegelung, Samstag konnte sie nicht mehr laufen, Sonntag das Handy nicht mehr halten. Montag fand man sie leblos.
Y. wurde nach etlichen Versuchen wiederbelebt. Keiner weiß, ob sie das gewollt hätte - es gab keine Patientenverfügung.
Auf jeden Fall liegt sie nun da: bei Bewusstsein (ohne spürbare Hirnschädigung), aber komplett gelähmt, vom Hals abwärts. Nichtmal atmen kann sie selbst genug (sie würde wohl langsam ersticken), also wird sie beatmet und kann nicht sprechen.
Ob und wann sich ihr Zustand einmal bessern wird, steht in den Sternen.
Ihre Krankheit ist eine eher unbekannte Stoffwechselstörung, die Porphyrie genannt wird. Ich versuche das mal, für Laien verständlich zu erklären.
In der Leber werden bestimmte Nahrungsbestandteile verstoffwechselt, soviel dürfte bekannt sein. Dafür ist ein bestimmter Blutbestandteil nötig, sogenanntes Häm. Der Prozess der Herstellung von Häm wird stufenweise nacheinander durch 8 verschiedene Enzyme ausgelöst. Die Bildung ist erst beendet, wenn alle 8 Stufen durchlaufen sind. Die Zwischenprodukte heißen Porphyrine (daher der Name der Krankheit). Wenn ein Enzym nicht ausgeschüttet wird oder fehlerhaft wird, wird die Kette an der Stelle beendet. Die Zwischenprodukte bis dahin werden weiter gebildet und reichern sich im Körper an, wo sie zunächst die Organe, später auch die Nerven schädigen. Zudem können die Nahrungsbestandteile nicht verstoffwechselt werden (kein Häm, kein Stoffwechsel), was zusätzlich zur Schädigung der inneren Organe führt.
Man kann Häm künstlich herstellen und es betroffenen Patienten geben. Die Enzymkette würde gar nicht erst ausgelöst werden, der Stoffwechsel trotzdem stattfinden. Das liest man überall, wenn es um die Therapie von Porphyrie geht. Trotz mehrmaliger Fragen hat Y. dieses Häm bis heute nicht bekommen.
Man hält ihre Beschwerden für das Guillain-Barré-Syndrom und behandelt sie daraufhin.
Ob das richtig ist, kann ich nicht einschätzen. Irgendwie ist es wie mit dem Huhn und dem Ei - was ist Ursache, was Wirkung?
Warum schließt die Behandlung des Barré-Syndroms die Behandlung mit Häm aus? Warum hat niemand die Krankheit früher erkannt?
So sehr ich mit meiner eigenen Krankheit seelisch zurechtkomme und das Gefühl habe, sehr viel mitwirken zu können, so gelähmt, behindert, desinformiert, außenstehend und ignoriert komme ich mir im Fall Y. vor. Es gibt inzwischen einen gerichtlich bestellten Betreuer, der zwar am Heimatort von Y., aber weit weg von der jetzigen Klinik wohnt. Ihm werden auch immer wieder Steine in den Weg gelegt, er bekommt keine Auskünfte am Telefon, obwohl er sich legitimiert hat, selbst persönlich bekommt er bestenfalls ausweichende Antworten. "Häm? Das machen wir erstmal noch nicht. Wir behandeln erstmal mit Immunglobulinen." (Schließt sich das aus? Immunglobulin ist beim Barré-Syndrom sicherlich angesagt, aber warum nicht auch Häm?) Letztlich ist nichts von beidem erfolgt.
Ich habe mir nun - so leid es mir für Y. tut - zur Aufgabe gemacht, mich mit diesem Thema nicht mehr auseinanderzusetzen. Wir versuchen, Y. einmal monatlich zu besuchen (mehr ist für uns schon aus Kostengründen nicht drin, aber seelisch wohl auch nicht). Und das war es dann. Ich knie mich nicht mehr rein, das raubt mir zuviel Kraft!
Sie hat eine Gaumenspalte, wurde in der Kindheit misshandelt und leidet - was Wunder - an einer Borderlinestörung und Depressionen.
Vor Jahren hatte sie mal eine Harnleiterentzündung und deshalb vorübergehend eine Harnleiterschiene bekommen. Seitdem klagte sie immer mal wieder über Bauchschmerzen.
Im letzten Sommer begann meine Freundin, nennen wir sie Y., eine stationäre Therapie, um wieder besser mit ihrem Leben umgehen zu können. Das klappte anfangs auch ganz gut, bis sie Magen-Darm-Probleme bekam. Und dann Bauchschmerzen. Beides hörte nicht mehr auf, die Bauchschmerzen waren (am Telefon hörbar) äußerst stark und Y. klagte über Verstopfung und Durchfälle. Mir geht bis heute nicht in den Kopf, wie man beides gleichzeitig haben kann.
In der Klinik schickte man sie zum Ultraschall und schob ansonsten zumindest die Schmerzen auf die Psyche. Y. hätte Angst vor dem anstehenden Entlassungstermin. Ich weiß ganz sicher, dass sie sich sehr darauf gefreut hat. Nix Angst, so ein Quatsch!
Ich war schon drauf und dran zu platzen wegen unterlassener Hilfeleistung! Leider wollte Y. keinen Ärger und so blieb mir und meinem LG nur, sie Mitte/Ende Oktober aus der Klinik abzuholen.
Wir sahen ein Wrack, etliche Kilos sichtbar abgenommen und nicht in der Lage, ihre Sachen einzupacken... Alle 2-3 Minuten Schmerzanfälle.
Wir brachten sie direkt zum Arzt, der ihr erstmal ein Opioid aufschrieb und zum Internisten schickte. Dort waren wir auch gleich, der Internist wollte Y. umgehend ins Krankenhaus überweisen. Y. wollte nicht und kam dann erst 2 Tage später ins Krankenhaus.
Im Krankenhaus lag sie dann 1 Woche lang rum, ohne dass sich ihr Zustand verbessert hätte. Im Gegenteil. Nach einer Narkose wegen einer Magen-/Darmspiegelung ging es abwärts, so schnell konnte man gar nicht gucken. Freitag war die Spiegelung, Samstag konnte sie nicht mehr laufen, Sonntag das Handy nicht mehr halten. Montag fand man sie leblos.
Y. wurde nach etlichen Versuchen wiederbelebt. Keiner weiß, ob sie das gewollt hätte - es gab keine Patientenverfügung.
Auf jeden Fall liegt sie nun da: bei Bewusstsein (ohne spürbare Hirnschädigung), aber komplett gelähmt, vom Hals abwärts. Nichtmal atmen kann sie selbst genug (sie würde wohl langsam ersticken), also wird sie beatmet und kann nicht sprechen.
Ob und wann sich ihr Zustand einmal bessern wird, steht in den Sternen.
Ihre Krankheit ist eine eher unbekannte Stoffwechselstörung, die Porphyrie genannt wird. Ich versuche das mal, für Laien verständlich zu erklären.
In der Leber werden bestimmte Nahrungsbestandteile verstoffwechselt, soviel dürfte bekannt sein. Dafür ist ein bestimmter Blutbestandteil nötig, sogenanntes Häm. Der Prozess der Herstellung von Häm wird stufenweise nacheinander durch 8 verschiedene Enzyme ausgelöst. Die Bildung ist erst beendet, wenn alle 8 Stufen durchlaufen sind. Die Zwischenprodukte heißen Porphyrine (daher der Name der Krankheit). Wenn ein Enzym nicht ausgeschüttet wird oder fehlerhaft wird, wird die Kette an der Stelle beendet. Die Zwischenprodukte bis dahin werden weiter gebildet und reichern sich im Körper an, wo sie zunächst die Organe, später auch die Nerven schädigen. Zudem können die Nahrungsbestandteile nicht verstoffwechselt werden (kein Häm, kein Stoffwechsel), was zusätzlich zur Schädigung der inneren Organe führt.
Man kann Häm künstlich herstellen und es betroffenen Patienten geben. Die Enzymkette würde gar nicht erst ausgelöst werden, der Stoffwechsel trotzdem stattfinden. Das liest man überall, wenn es um die Therapie von Porphyrie geht. Trotz mehrmaliger Fragen hat Y. dieses Häm bis heute nicht bekommen.
Man hält ihre Beschwerden für das Guillain-Barré-Syndrom und behandelt sie daraufhin.
Ob das richtig ist, kann ich nicht einschätzen. Irgendwie ist es wie mit dem Huhn und dem Ei - was ist Ursache, was Wirkung?
Warum schließt die Behandlung des Barré-Syndroms die Behandlung mit Häm aus? Warum hat niemand die Krankheit früher erkannt?
So sehr ich mit meiner eigenen Krankheit seelisch zurechtkomme und das Gefühl habe, sehr viel mitwirken zu können, so gelähmt, behindert, desinformiert, außenstehend und ignoriert komme ich mir im Fall Y. vor. Es gibt inzwischen einen gerichtlich bestellten Betreuer, der zwar am Heimatort von Y., aber weit weg von der jetzigen Klinik wohnt. Ihm werden auch immer wieder Steine in den Weg gelegt, er bekommt keine Auskünfte am Telefon, obwohl er sich legitimiert hat, selbst persönlich bekommt er bestenfalls ausweichende Antworten. "Häm? Das machen wir erstmal noch nicht. Wir behandeln erstmal mit Immunglobulinen." (Schließt sich das aus? Immunglobulin ist beim Barré-Syndrom sicherlich angesagt, aber warum nicht auch Häm?) Letztlich ist nichts von beidem erfolgt.
Ich habe mir nun - so leid es mir für Y. tut - zur Aufgabe gemacht, mich mit diesem Thema nicht mehr auseinanderzusetzen. Wir versuchen, Y. einmal monatlich zu besuchen (mehr ist für uns schon aus Kostengründen nicht drin, aber seelisch wohl auch nicht). Und das war es dann. Ich knie mich nicht mehr rein, das raubt mir zuviel Kraft!
Rubrik: GesundheitlICHes - Hoffende - 05. Februar 15 - 2:18 Uhr