ICH & MEHR

Das sieht jede Woche so aus. Je nach aktuellem Gesundheitszustand sind es ein paar Tabletten/Kapseln mehr oder weniger, aber im Prinzip ist das die Anzahl. Die meisten davon sind übrigens Blutdruck- und Wassertabletten.

Die Mittags-Tabletten übrigens nehme ich über den Tag verteilt zu verschiedene Uhrzeiten. Mit noch paar Tropfen komme ich so auf 5 verschiedene Einnahmezeiten. Ich hoffe sehr, dass das irgendwann mal wieder weniger wird, denn mit den 4 Beutelwechseln am Tag und Bilanzieren (Notieren von Ein- und Ausfuhr von Flüssigkeiten) bin ich derzeit ganz schön mit "Terminen" über den Tag verteilt beschäftigt. Wenn man vorher keine Ahnung von Zeiteinteilung hatte - hier lernt man, seinen Tag zu zerstückeln!

ABER: Das alles ist nötig, damit es mir einigermaßen gut geht. Das ist mir bewusst und deshalb leide ich auch nicht, sondern versuche z.B. Rekorde aufzustellen, wieviele Pillen ich auf einmal schlucken kann. (8 Stück sind zu schlagen...)

Nun mache ich die Bauchfelldialyse schon seit 4,5 Jahren. Einiges hat sich geändert im Laufe der Zeit, leider nicht immer zum Besten.

Ich fange mit dem Positiven an: Mir geht es immer noch ziemlich gut. Ich bin froh, dass ich diese Dialyseform gewählt habe, weil ich sehr viel eigenverantwortlich tun kann.
Und mein Kaliumwert hat sich stabilisiert. Ich brauche nur noch ganz wenige Kaliumtabletten.

Damit geht es aber auch schon zum nicht so Guten: Das Kalium bleibt im Körper, weil dieser nicht mehr so gut entgiftet wird. Das Bauchfell wird langsam müde.
Ich merke das auch an verschiedenen Stellen, z.B. ganz direkt an der Dialyse, weil kein Wasser mehr entzogen wird und ich immer wieder dicke Beine, einen dicken Bauch oder ein dickes Gesicht bekomme. Oder alles zusammen. Jedenfalls sind das dann Wassereinlagerungen, die mit Tabletten nur ganz langsam wieder zurückgehen. Meist bekomme ich diese Ödeme, wenn es mir psychisch nicht gut geht, ich gestresst bin oder anderweitig kein Gleichgewicht in meinem Inneren herrscht. Psychohygiene ist wichtiger als je zuvor!
Außerdem habe ich wieder mehr Kopfschmerzen als noch zu Beginn der Dialyse. Es ist noch nicht schlimm, aber ich merke es eben.

Ich muss insgesamt mehr Tabletten nehmen als vor 4,5 Jahren und die Konzentration der Flüssigkeit im Bauch ist auch etwas erhöht worden, um die Leistung zu steigern.

Kommen wir wieder zum Positiven: Es gibt noch einige Möglichkeiten, um diese Dialyseform weiter durchführen zu können, z.B. nochmals die Flüssigkeitskonzentration zu erhöhen (es geht hier konkret um Glukose) oder auf eine andere starke Lösung umzusteigen, evtl. vorerst auch nur ergänzend. Auch bei der Medikation gibt es noch Luft nach oben. Also kein Anlass, Panik zu schieben. Ich bin nur sehr wachsam, ich habe ja nur diesen einen Körper. Das Damoklesschwert der Hämodialyse schwebt irgendwo ganz oben - ich guck' nur ganz manchmal hin, um mich an den Anblick zu gewöhnen.

Jemand hat mir eine Niere angeboten. Der erste. Ein Nachbar. Alkoholiker. Hepatitis B. Psychisch total instabil. Zum Zeitpunkt des Angebots wie fast immer alkoholisiert.

Seitdem schwanke ich zwischen Freude und Ärger. Und frage mich, wie ich ihm ablehne, ohne ihn zu verletzen.

Seit 2,5 Jahren mache ich jetzt die Bauchfelldialyse.

Nach einem Jahr war die Kruste am Katheterausgang endlich weg.

Nach 2 Jahren war endlich mein Blutdruck ordentlich eingestellt. Außerdem haben wir endlich eine Ader gefunden, die nicht wegrollt oder platzt, wenn sie angestochen wird.

Heute feile ich nur noch am Eiweißwert herum. Und am lästigen Kalium, aber da muss ich einfach mehr Selbstdisziplin üben. Beim Eiweiß wird das schwieriger, weil ich schon in der Hauptsache Fleisch, Wurst, Käse (davon wenig) und kaum Kohlenhydrate esse.

Ansonsten bin ich beinahe überentgiftet, so gut funktioniert diese Dialyse bei mir. Für das (für mich selbstverständliche) ordentliche Ausfüllen der Protokolle (wieviel Flüssigkeit kommt in den Bauch, wieviel raus und wann wird der Wechsel durchgeführt?) bekomme ich immer ein Lob, weil das "wie im Bilderbuch" aussieht.

Ich habe festgestellt, dass sich an der Situation nichts geändert hat, wenn man die Diagnose bekommt und sich informieren will, was da auf einen zukommt: Es gibt nur sachliche Informationen über den Ablauf der Bauchfelldialyse. Oder man muss Foren durchforsten. Ein Buch? Fehlanzeige. Aber man will doch wissen, ob der Schlauch im Bauch weh tut, wie das sich anfühlt, wenn das "Wasser" rausläuft, wieviel Zeit man braucht, welche Fehler sich nicht einschleifen dürfen, wieviele Medikamente man noch nehmen muss, wie sehr oder wenig man eingeschränkt wird.
Mal gucken, vielleicht schreibe ich so ein Buch. Über meine Erfahrungen, weil sie gut sind und Mut machen.

Heute Krankschreibung wegen BurnOut. Ich dachte immer, das wäre eine Modeerscheinung. Aber wenn alle Energie in ein Fass ohne Boden läuft, ist der Akku irgendwann alle. Ich hab mal lieber die Notbremse reingehauen, bevor der Akku sich gar nicht mehr aufladen lässt...

Nach einer Woche tierischer Verspannung im Schulter-/Nackenbereich und den damit verbundenen übelsten Schmerzen hatte ich heute endlich meinen ersten Massage-Termin. Ich freute mich auf die Erleichterung! Aber - ach! Weit gefehlt!

Die Physiotherapeutin fasste mich einmal an, ich jaulte: "AUA!" (in der Hoffnung, sie würde ihren Griff lockern) und dann fasste sie mich immer wieder an und ich jammerte und jaulte wie noch nie bei fremden Leuten!

Als sie fast fertig war, sagte ich, ich wolle ihr Gesicht sehen, damit ich weiß, wer mich so malträtiert hat! Nun suche ich nach einer passenden Rache, damit die Quälerei nicht umsonst war...

Übrigens erzählte sie ihrer Kollegin: "Sowas hast du noch nicht gesehen!" - "So schlimm?" - "Beton!" Nun ja, sie hat ihn spürbar aufgebrochen, ich spüre jede Muskelfaser vom Po bis zum Kopfansatz.

2 Jahre Bauchfelldialyse!

- Beutel ins Bad holen, auf den obersten Beutel auf der Wärmeplatte fallen lassen.
- Sitzkissen auf Klodeckel legen.
- Unteren Beutel von der Wärmeplatte rausziehen, über Eck zusammenrollen.
- Hände waschen.
- Umverpackung vom Beutelsystem aufreißen, Beutel aufhängen, Schläuche entwirren.
- Hinsetzen, Handschuhe, Kappe und Mundschutz aus dem Schrank holen.
- Mundschutz aufsetzen.
- Schlauch unter dem T-Shirt vorwurschteln und in die Halterung stecken.
- Handschuhe anziehen und mit reichlich Desinfektionsmittel tränken.
- Kappe vom Schlauch abdrehen, Schlauch mit Beutelsystem verbinden.
- Sicherheitsklemme am Schlauch öffnen.
- Nintendo DS nehmen und spielen.
- Wenn es im Bauch ziept, Waage anschalten und gucken, wann nix mehr ausläuft.
- Klemme zumachen, Beutel wiegen.
- Übrige Flüssigkeit aus neuem Beutel rauslaufen lassen, derweile Gewicht notieren.
- Nun NICHT wieder anfangen zu spielen, sondern auf die Waage gucken! Bei der richtigen Menge die neue Flüssigkeit in Bauch laufen lassen. Klemme nicht vergessen zu öffnen (was mich DAS schon an Zeit gekostet hat...!)
- Jetzt je nach Uhrzeit oder Laune Blutdruck messen oder weiterspielen.
- Wenn das Spiel zuende ist oder die Flüssigkeit alle, dann wieder Handschuhe desinfizieren, neue Kappe nehmen, Schlauch vom Beutelsystem lösen, neue Kappe draufschrauben.
- Nun meine persönliche Marotte: Handschuhe ausziehen, zusammenrollen, in die Verpackung der Kappe quetschen, Mundschutz abmachen, Handschuhe in Verpackung in Mundschutz einrollen, mit Haltegummis fixieren, alles zusammen in die Umverpackung von den Handschuhen, zusammenknüllen - Platz im Mülleimer gespart!
- Beutel mit alter Flüssigkeit aufschneiden, ausschütten (praktischerweise nur IN die Toilette...), Beutel in Umverpackung stopfen, zusammenrollen, in Plastesammelsack werfen.
FERTIG!

Zwei Jahre mache ich das jetzt, auf den Tag genau.
Im ersten Jahr habe ich Kreuzworträtsel gelöst, danach Nintendo gespielt. Mal sehen, was noch so kommt...
Die ganze Prozedur geht bei mir überdurchschnittlich schnell, so brauche ich zwischen 20 und 25 Minuten jeweils.

...bin ich operiert worden. "Heute" war ein Dienstag und um die Mittagszeit herum war es soweit. Das Aufwachen war schmerzhaft, aber die darauf folgenden 2 Jahre im Vergleich zu dem, was jahrelang vorher war, sehr viel schmerzärmer!

Ich bin froh, dass ich mich damals für die OP entschieden habe, denn mein Leben hat sich gravierend verändert - zum Positiven!

Manchmal ödet mich die Dialyse auch an. Sie "beschneidet" meinen Alltag sehr stark, weil ich wieder arbeite und mich deswegen an feste Zeiten halten muss. Aber ich mag nie mehr zurücktauschen, denn immerhin bin ich jetzt wieder arbeitsfähig, im Gegensatz zur Vorgeschichte.

Sooo... langsam komme ich wieder in den Tritt. 14 Tage war ich komplett richtig dolle krank, aber auch danach brauchte ich noch 1 Woche, bis ich mich wieder halbwegs fit gefühlt habe.

Es gibt bei mir nix Neues, deswegen schreib' ich hier auch nicht so viel. Naja, vielleicht liegt es auch daran, dass ich derzeit "Die Söhne der großen Bärin" lese... Ich tauche mal wieder in Indianergefilde ab.

Seit Anfang der Woche hab' ich mich rumgeschleppt, Mittwoch nur paar Stunden gearbeitet, gestern und heute im Bett verbracht. Ein bisschen ist es wie eine Erkältung, aber nur ein bisschen. Hauptsächlich fühle ich mich müde, schlapp und einfach krank. Bestimmt irgendein Infekt. Beim Arzt war ich nicht, meine Temperatur ist nur ganz, ganz leicht erhöht. Ich beobachte das mal und schone mich eben. Hab auch zu nix wirklich Lust, wie das eben so ist, wenn man krank ist.

Obwohl ich mich mies fühle, bin ich seelisch irgendwie erheitert - so eine ganz normale Krankheit hatte ich schon ewig nicht mehr!